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Krisenzeit –

ein von Gott verordneter Sabbat?

von Swen Schönheit

„Nun zu euch, die ihr sagt: Heute oder spätestens morgen werden wir in die und die Stadt reisen! … Dabei wisst ihr nicht einmal, was morgen sein wird! Was ist schon euer Leben? Ihr solltet lieber sagen: Wenn der Herr es will, werden wir dann noch am Leben sein und dieses oder jenes tun“ (Jakobus 4,13-15).

Kurz vor den Herbstferien war das Chaos perfekt: „Beherbergungsverbote“ wurden ausgesprochen und wieder aufgehoben. Wohin durfte man innerhalb von Deutschland noch reisen? Welche Regeln galten wo? Die Krise zieht sich hin. Das Virus lässt sich nicht so schnell abschütteln wie erhofft. Und weitere Existenzen sind gefährdet. Jakobus hatte sicherlich andere Verhältnisse als wir heute vor Augen. Aber seine Mahnung trifft uns: Der Anspruch auf „Planungssicherheit“ scheint ausgehebelt. Ist unsere Reaktion darauf Rebellion oder Resignation? Oder bringt die Krise eine tiefere Dankbarkeit in uns hervor für das Leben überhaupt – und zugleich eine neue Verfügbarkeit für Gott? „Wenn der Herr es will“ muss kein Ausdruck von Fatalismus sein. Vielmehr geht es um eine neue Dimension von kindlichem Vertrauen: Mein Vater wird es gut machen. Er kennt meinen Weg – den kann und will ich gehen!

Kürzlich schrieb der Verleger Ulrich Eggers, verantwortlich für die Zeitschriften-Familie im SCM-Medienhaus: „Ist diese Krise nicht auch ein Weckruf an diese Welt, dass sie es überzogen hat – zu viel Ego-Mentalität, Ausbeutung der Schöpfung und Rücksichtslosigkeit? Können wir nach Corona einfach so weitermachen wie bisher? Müssten wir nicht … anders leben? Aber – wie denn genau? Und was gehört dazu? Und wie wird das ganze nachhaltig und praktisch? Und müssten nicht gerade wir Christen unsere Stimme hier einbringen?“

Als das Volk Israel ins babylonische Exil musste, war das aus prophetischer Sicht auch eine Zeit der „nachgeholten Sabbate“ (2 Chronik 36,21): Eine Zwangspause, die der Besinnung, der Umkehr und einem Neuanfang dienen sollte! Das Land sollte zur Ruhe kommen! Der Mensch sollte zur Ruhe und zur Besinnung kommen! Es gab etwas zu erstatten. Der Sabbat, diese gute Ordnung Gottes, die den Wochen- und Lebensrhythmus prägen soll, wird von uns nicht ohne langfristigen Schaden außer Kraft gesetzt.

Der Psychologe Stephan Grünewald schrieb bereits vor 14 Jahren in seinem Buch „Deutschland auf der Coach“ (Frankfurt/Main 2006): „Die gesamte Gesellschaft und nicht nur der Einzelne ist in den letzten Jahren in einen Zustand überdrehter Erstarrung geraten.“ Dabei beschleicht in besonderer Weise die Leistungs- und Verantwortungsträger „das Gefühl, bei hoher Drehzahl stillgelegt zu sein“ (S. 7, 15).

Doch dieses Lebensgefühl der zu hohen Drehzahl, der Überdreht seins hat auch vor den „Leistungsträgern“ in der christlichen Szene nicht Halt gemacht. Überall begegnen mir Pastoren mit Erschöpfungssyndromen, überlastete Haupt- und Ehrenamtliche in Gemeinde. Der „Dienst im Reich Gottes“ fordert bei manchem seinen Tribut in Form von Erkrankungen, zerbrochenen Ehen und entfremdeten Kindern. Kann dies Gottes Absicht für uns sein?

Doch dieses Lebensgefühl der zu hohen Drehzahl, der Überdreht seins hat auch vor den „Leistungsträgern“ in der christlichen Szene nicht Halt gemacht. Überall begegnen mir Pastoren mit Erschöpfungssyndromen, überlastete Haupt- und Ehrenamtliche in Gemeinde. Der „Dienst im Reich Gottes“ fordert bei manchem seinen Tribut in Form von Erkrankungen, zerbrochenen Ehen und entfremdeten Kindern. Kann dies Gottes Absicht für uns sein?

Ich glaube, die Corona-Krise sollte ein heilsamer Abstoß werden, den Segen des Sabbats wiederzuentdecken. Der Hebräerbrief gibt dazu eine ausführliche Deutung, die weit über die gute Ordnung der Woche hinausgeht: Aus dem Sabbat heraus zu leben bedeutet, im Glauben zu leben. Das aber meint,

  • dass wir lernen von unseren Werken zu ruhen, gleichwie Gott von den seinen“ (Hebräer 4,10).
  • dass wir uns Zeit nehmen, um auch „die Frucht unserer Taten zu genießen …“ (Jesaja 3,10).
  • dass wir ruhen, bevor wir handeln: also lernen aus dem Hören auf Gott zu leben und ihn fragen:
    Herr, welches sind die „guten Werke, die du für mich vorbereitet“ hast? (vgl. Epheser 2,10).
  • dass wir unseren Wert nicht aus dem beziehen, was wir tun, sondern aus unserem „Sein“:
    aus der bedingungslosen Liebe, die unser himmlischer Vater uns entgegenbringt! (vgl. Epheser 3,17).

„Seid still (oder: lasst ab) und erkennt, dass ich allein Gott bin, hoch erhaben über alle Völker, geehrt in aller Welt“ (Psalm 46,11).
Gott segne uns, unser Land und die Nationen in diesem Herbst 2020!

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